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AutorenbildGuido I. Tomaschett

WAS TUN WIR DAMIT



Die Menschheit erhält eine Chance zur Besinnung. Es wird ihr ein Moment des Stehenbleibens gegeben, des Stillstands und des Nachdenkens. Unerwartet. Regional. Weltweit. Unerwartet, insofern niemand die Wucht des Ereignisses erahnen konnte, mit der die Menschen eingeholt wurden. Regional, weil die verschiedenen Orte der Welt die Pandemie ebenso differenziert wahrgenommen und entsprechend darauf reagiert haben. Und weltweit, weil Meldungen dazu auch in nichterwarteten Gebieten der Erde wahrgenommen wurden.

Es ist da. Das Corona-Virus. Spürbar. Hart. Unbarmherzig. Und es verbreitet Angst und Schrecken. Am 11. Februar 2020 durch die WHO mit dem Namen COVID- 19 bezeichnet, ein Kürzel für den Begriff «coronavirus desease 2019». Im März wurde die Schweiz nach Hause geschickt. In die eigenen vier Wände. Der unbarmherzigen Hetze der Zeit folgt konzertiertes und unfreiwilliges Stillstehen. Neue Herausforderungen tauchen auf. Bisher unvorstellbare Szenarien müssen gemeistert werden. Marginal gepflegte Arbeitsmöglichkeiten erhalten unerwartetes Gewicht und dürften für eine nahe Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Was bis anhin unvorstellbar schien, es wurde Wirklichkeit. Der Mensch musste erkennen, dass es nicht zwingend etwas «Grosses» braucht, einen mächtigen Pharao, um ihn zum Stehen zu bringen. Er musste erkennen, wie ohnmächtig und hilflos er solch unerwarteten Ereignissen gegenübersteht und wie schnell er allein draussen in der Wüste steht.

Die Luft wird reiner. Städte können aufatmen. Smog verzieht sich. Tiere und Winde bewegen sich freier. Fische werden von blossem Auge im Wasser erkannt. Das Wasser wird klarer. Strassenlaternen und Hausfassaden werden neu erblickt. Die Schönheit der Gebäude und Plätze mit ganz neuen Augen entdeckt. Augen, die sich hinter Gesichtsmasken verbergen, bringen nun den Nachbarn Lebensmittel vor die Tür. Anrufketten werden gestartet, um vor Vereinsamung zu schützen. Gottesdienste in die Stube gesendet. Gefühle des nicht allein da zu stehen werden glaubwürdig vermittelt. Menschen müssen Zuhause bleiben. Menschen müssen in völlig neuem Denken für andere draussen arbeiten. Und sie tun es. Im Spital, im Laden, auf dem Polizeiposten. Eine Solidarität kommt an den Tag, wie sie vielleicht damals beim Tsunami 2004, damals noch vorwiegend in finanzieller Form, erstmals gelebt und erlebt wurde. Menschen stehen für Menschen ein. Riskieren für sie etwas. Tun für sie was. Sind einfach für sie da. Vielleicht ist dies die kostbarste Erfahrung dieser Tage; zu erkennen, dass der Mensch für den Menschen da sein kann, wenn er denn wirklich will; dass er fähig ist, sein Ego zur Seite zu stellen und dafür sein Visavi zu sehen. Doch was tun wir damit? Eigentlich hätte die Menschheit neue Fleischtöpfe entdeckt. Sie muss nicht zwingend nach Ägypten zurück. Die Wüste hat ihn neues Leben gelehrt. Aber nochmals: Was tun wir damit?

Guido I. Tomaschett Diakon

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