Nicht wenige unter uns mussten in der Corona-Zeit diesen harten Weg erfahren, allein am Friedhof zu stehen, und sich von einem geliebten Menschen für immer zu verabschieden. Mit dabei allerhöchstens fünf Personen, den Priester und eine allfällige Begleitperson miteingerechnet. Wenngleich auch noch so viele Menschen eine Beerdigung und Abdankung in letzter Zeit lieber im kleinen Familienkreis abhalten möchten; diese derzeitige Vorschrift, maximal fünf Personen an der Beerdigung teilnehmen zu lassen, ist schmerzlich für alle. Das Leid muss allein getragen werden. Wir werden an die Volksweisheit erinnert: Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Maria aus Magdala stand auch allein vor dem Grab und weinte. Ihr war in diesen Tagen auf schreckliche Weise Jesus genommen worden, durch den sie in ihrem Leben soviel Hoffnung, Stärkung und Liebe erfahren hatte. Durch ihn hatte sie neuen Lebensmut bekommen. Ein Mut, der es ihr sogar ermöglichte, mit Maria, der Mutter Jesu, in den schwersten Stunden ihres Sohnes beim Kreuz auszuharren. Nun war sie allein, stand vor dem Grab, und weinte. Doch wie sie in das Grab hineinblickte, erkannte sie dort zwei Engel in weissen Gewändern. Und diese fragten sie, warum sie denn weine? «Man hat mir meinen Herrn weggenommen und ich weiss nicht, wohin man ihn gelegt hat.»
An und für sich wissen wir alle um unsere Endlichkeit, um unseren Tod. Aber er ist immer weit weg und – er ist meist eher etwas für die anderen, weniger auf uns zutreffend. Bis er uns begegnet. Uns und unserem Umfeld. Dann kommen Fragen wie jene von Maria aus Magdala über unsere Lippen: «Man hat mir meinen Mann, meine Frau, mein Kind, meine Oma, meinen Opa genommen. Ich weiss nicht, wo er ist. Niemand sagt mir, wo sie sich jetzt befindet. Ich fühle mich so furchtbar einsam und verlassen.»
Wenn ich das Evangelium nach Johannes lese und dort vom gesprochenen Trost der beiden Engel erfahre, wie sie zu Maria sprechen, kommen mir jene Worte in den Sinn, den ein Priester anlässlich eines einsamen Oster-Gottesdienstes vor der Kamera zu seinen Zuschauern vor den Bildschirmen sprach: «Das Weinen ist dieses Jahr an Ostern mehr angesagt, als sich zu freuen und zu feiern. Doch die österliche Hoffnung siegt letztlich über alle Zweifel und Ängste. Man kann in diesen Tagen ganz viele Engel aus Fleisch und Blut erkennen, die eine helfende Hand all denen bieten, die das Haus nicht verlassen dürfen, die im Spital das Glas Wasser reichen oder das Beatmungsgerät überwachen.» Er verwies auf Verantwortliche in der Politik, die behutsam und weise durch die derzeitige Krise führten und so Zeugen der Auferstehung seien. «Wir wollen in besonderer Weise in unserer aktuellen Situation wachsam sein für den Ruf Christi und daran denken, wie Christus nach seiner Auferstehung Maria zu seinen Jüngern sandte, damit sie neue Hoffnung schöpfen und den Glauben nicht verlieren.» Diesen Auftrag würde Jesus uns heute allen geben: «Geh in Gedanken und Gebeten zu jenen, die ein Zeichen der Aufmerksamkeit brauchen. Ruf sie an oder schreib ihnen, die da einsam und verlassen sind. So kannst auch du Zeuge des Auferstandenen sein, der sich um jede und jeden kümmert.»
Übrigens: Als Maria sich nach der Begegnung mit den Engeln umwandte und gehen wollte, stand da einer und begann mit ihr zu sprechen. Manchmal ist Gott uns näher, als wir es ahnen.
Guido I. Tomaschett Diakon
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